Er ist Emspower-Mitglied seit 1995. Das können nicht viele Fans aus Rheine von sich behaupten. Dennis ter Steege war jahrelang Dauerkarten-Inhaber und eines unserer aktivsten Mitglieder. Seit Anfang dieser Saison ist das anders: Er gab seine Dauerkarte ab. Aus Frust. Seither spielt Schalke so erfolgreich wie lange nicht mehr - gerade jetzt, wo Dennis nicht mehr dabei ist. Und nun? Ein Winter-Interview mit Dennis ter Steege von emspower.de-Webmaster Tobias.
Dennis, du hast dich im Frühjahr 2017 entschieden, dir Schalke nicht mehr Woche für Woche im Stadion anzutun. Warum eigentlich - du warst doch sonst praktisch immer dabei?
Diese Entscheidung kam bestimmt nicht spontan. Aber nach den letzten sportlich dürftigen Jahren mit viel Unruhe im Verein und meiner Meinung nach fehlender Identifikation zahlreicher Spieler mit dem Club kam nach und nach das Gefühl in mir auf: Das musst du dir nicht mehr antun. Dazu kam die teilweise maßlose Selbstüberschätzung des Clubs und der Spieler. Ich dachte mir: Deine Freizeit kannst du auch anders verbringen, anstatt dich über Schrottfußball aufzuregen. Die absolute Krönung war dann die letzte Rückrunde mit dem Negativ-Höhepunkt, dem Spiel in Freiburg. Wir hatten an sich eine sehr schöne Büfettfahrt, aber das Spiel war schlecht - fast schon traditionell bei Büfettfahrten von Emspower. Nachdem ich dann von dieser Fahrt wieder zu Hause angekommen war, mit reichlich Rückenschmerzen im Gepäck übrigens, stand für mich endgültig fest: Ab jetzt bleibst du zu Hause!
Du hast eine sehr erfolgreiche Hinrunde verpasst. Bereust du deine Entscheidung eigentlich jetzt,wo wir als Herbst-Vizemeister mit 30 Punkten in die Winterpause gehen?
Zugegeben, eine solch erfolgreiche Entwicklung der Mannschaft habe ich im Leben nicht für möglich gehalten. Der Kern der Mannschaft ist zusammengeblieben, und mit dem neuen Trainer ist der Verein ein hohes Risiko eingegangen. Aber wie wir jetzt wissen, hat Christian Heidel alles richtig gemacht, auf Domenico Tedesco als Coach zu setzen. Ich nehme das sehr zufrieden zur Kenntnis und werde mal schauen, wie es weitergeht und wann ich selber mal wieder ein Heimspiel besuche.
Was meinst du hat auf Schalke zu diesem Wandel geführt - oder anders: Erkennst du einen Wandel?
Im Umfeld des Vereins ist es für unsere Verhältnisse sehr ruhig. Das ist bei uns immer nur dann der Fall, wenn es sportlich gut läuft, und das tut es. Und das hat für mich nur einen Grund: Domenico Tedesco. Wie dieser sehr junge Trainer bei unser Mannschaft ankommt, sie motiviert, mit den unterschiedlichsten Methoden auf den Gegner einstellt, Stichwort Taktik, einen Matchplan zu haben und ihn umzusetzen, Spieler einfach mal auf anderen Positionen spielen zu lassen - all das imponiert mir.
Guckst du Schalke gar nicht mehr oder nur noch im Fernsehen?
Es gibt Spieltage, da höre ich mir die WDR-Radiokonferenz an, das hat schon seinen Reiz. Dazu ein frisches Veltins, zwischendurch ein Zigarettchen auf dem Balkon - fantastisch! Später die Zusammenfassung in der Sportschau, das reicht mir. Natürlich schaue ich hin und wieder mal ein Spiel komplett,wie zum Beispiel das Derby vor ein paar Wochen. Da war ich bei den Fanclub-Freunden Dietmar und Elke. Und ich kann euch sagen: Auch vor dem Fernseher kann man richtig laut sein und eskalieren, Stichwort Naldo, 94. Minute...
Vermisst du das Stadion?
Na klar, ab und zu wünschte ich mir schon, ich wäre wieder mittendrin. Für mich hat unsere Arena auch nach über 16 Jahren nichts an Attraktivität eingebüßt. Die Stimmung ist immer noch besser als anderswo, und die zahlreichen Bekannten im Umfeld des Blocks 25 vermisst man schon.
Was müsste denn passieren, dass man dich wieder Woche für Woche im Stadion sieht?
Ich denke nicht, dass es wieder so kommen wird, dass ich Woche für Woche ins Stadion gehe. Vielleicht mal ein paar Heimspiele, ein bis zwei Auswärtsspiele pro Saison; ich denke, das reicht mir heute. Ich mache das aber nicht vom Gegner abhängig. Nur noch, wenn ich Lust habe.
Meinst du, es hat mit deiner Abwesenheit zu tun, dass wir heute einen anderen Fußball spielen als in den anderen Spielzeiten?
Absolut! Ich bin der Grund, warum es wieder läuft. (lacht). Stimmt schon, seitdem ich weg bin, läuft es echt prima. Vor einigen Wochen wollte ich mal wieder fahren - da wurde mir prompt gesagt: Nix da, bleib du mal schön mit dem Arsch zu Hause, sonst verlieren wir wieder!
Wo kann das noch hinführen in dieser Saison und in den Jahren danach? Schaust du eher auf den mittel- bis langfristigen Erfolg bei der Vereinsstrategie?
Wenn wir in der Rückrunde so weiter machen wie in der Hinrunde, wenn wir vom totalen Verletzungspech verschont bleiben, ist die Champions-League-Qualifikation absolut möglich. Wenn es die Euro-League wird, ist es auch absolut okay. Dann sollten wir alle mehr als zufrieden sein. Im Pokal ist auch noch viel möglich. Schauen wir mal. Viel wird aber auch davon abhängen, wie andere Vereine in der Rückrunde aufspielen und punkten. Leipzig und Hoffenheim haben durch die Euro-Strapazen viele Punkte liegen gelassen, andere Mannschaften, die man oben erwartet hätte, hatten zeitweise einen totalen Durchhänger, Stichwort schwach-gelb. Wie es in den nächsten Jahren aussehen könnte, ist in der schnelllebigen Fußballzeit sehr schwer zu sagen. Sich hinzustellen und zu sagen: "Wir haben jetzt einen 3-Jahresplan oder meinetwegen einen 5-Jahresplan", ist absolut nicht mehr zeitgemäß und hat selten irgendwo zum Erfolg oder gewünschten Ertrag geführt. Auch bei uns nicht. Schon Günter Eichberg ist an dem planbaren Erfolg gescheitert, ebenso Felix Magath. Bei Rudi Assauer gab es so etwas übrigens nicht. Was zählt, ist nur noch der kurzfristige sportliche Erfolg.
Wann sehen wir dich wieder im Stadion?
Fest steht, dass ich Anfang Februar das Spiel in München sehe. Ich fahre mit Didi, Elke, Eileen und weiteren Leuten mit dem Zug hin und werde drei Nächte dort bleiben. Sportlich ausgerechnet habe ich mir da aber nix, meine München-Bilanz ist grandios schlecht mit teilweise hohen Klatschen. Aber ich fahre trotzdem! Und mindestens ein Heimspiel werde ich mir auch noch ansehen, das habe ich mir fest vorgenommen. Schließlich soll meine Serie bestehen bleiben, dass ich seit 1991/92 immer mindestens ein Heimspiel gesehen habe.
Du bist seit über 20 Jahren Mitglied bei Emspower Rheine. Was gibt es zu kritisieren - oder anders: Wie gefällt dir die Außendarstellung und die Arbeit des Vorstandes?
Auch im 27. Jahr des Bestehens ist Emspower immer noch eine ganz große Nummer unter den Schalke-Fan-Clubs. Die Mitgliederzahl ist nach wie vor sehr hoch, vollbesetzte Busse zu den Heimspielen eine Selbstverständlichkeit, das Niveau beim Jahresprogramm ist weiterhin top. Kürzlich, die Jacken-Aktion vor ein paar Wochen, war absolut erfolgreich und gelungen. Der Vorstand macht eine sehr vernünftige und gute Arbeit und gibt auch in der Öffentlichkeit ein gutes Bild ab. Ich bin immer noch stolz, ein Teil dessen zu sein, auch wenn man mich inzwischen selten bis gar nicht mehr sieht.
Na dann - lass dich mal wieder blicken! Danke dir für deine ehrlichen Antworten und Glückauf!
Dennis' Schalke-Karriere
- Dennis wurde Fußballfan durch die WM 1990 in Italien. Sein erstes Spiel im Fernsehen war Deutschland gegen Holland. Sein Vater ist Bayern-Fan, arbeitete damals häufig in München brachte den ein oder anderen Fanartikel der Bayern mit. So wurde er zunächst zum Bayern-Fan "gemacht".
- Seine Cousine, selber totaler Schalke-Fan, wollte das ändern und nahm Dennis am 14. September 1991 zum ersten mal mit auf Schalke. Gegner war Bayer 04 Leverkusen. "Das Spiel war langweilig und endete 0:0, aber seit diesem Tag bin ich Schalke-Fan", erzählt er. Fasziniert war Dennis von der Größe des Parkstadions und die zahlreichen Fans. Ich habe mir
- Vor diesem Spiel kaufte er seinen ersten Schal. Aufschrift: "1. Bundesliga - wir sind wieder da" stand drauf. Er hat ihn heute noch.
- Bis heute besuchte Dennis 405 Heimspiele auf Schalke. Hinzu kommen 122 Auswärtsspiele, davon 15 internationale und darunter die Pokalendspiele vier 2001, 2002, 2005 und 2011-
- 12 Auswärtsspiele schaffte er in seiner aktivsten Saison 96/97.
- Seit 1995 fuhr er zu jedem Heimspiel. Nach einer Klassenfahrt nach Paris (1996) verpasste er das erste Heimspiel der Schalker erst wieder am 26. November 2005, als das Münsterland im Schneechaos versank und der Emspower-Bus aus Sicherheitsgründen nicht fuhr.
- Emspower-Mitglied ist Dennis seit 1995, Schalke-Mitglied seit Mai 1999.
- Die erste Dauerkarte hatte er in der Saison 96/97, nachdem er schon 95/96 alle Heimspiele gesehen hatte.
- Nach der sportlichen "Katastrophensaison" 1999/2000 kündigte er seine Dauerkarte: "Nach zwei Jahren Horrorfußball hatte ich einfach die Schnauze voll und wollte mir das nicht mehr regelmäßig antun." Was folgte, war die "Meister der Herzen"-Saison. "Eine, mit der niemand rechnen konnte", so Dennis, der trotz abgegebener Dauerkarte hinfuhr. "Ich habe trotzdem alle Heimspiele gesehen."
- Rechtzeitig zur ersten Arena-Saison 2001 hatte er wieder eine Dauerkarte im Emspower-Stammblock 25. Bis Sommer 2017...