FC Schalke 04 FanclubEmspower Rheine e.V. 91

Das Sommerinterview, Teil I: "Es gab nur eine Handvoll Fanclubs"

Unser Fanclub feiert in dieser Sommerpause sein 20-jähriges Bestehen. Die Redaktion von emspower.de hat sich zu diesem Anlass mit jemandem unterhalten, der die ganze Geschichte des Fanclubs kennt - weil er ein Kind der ersten Stunde war: Oliver Attermeyer. Es geht um die bewegte Geschichte rund um den Fanclub und den FC Schalke 04, um Triumphe und Tränen, Highlights und dunkle Momente. Ein Interview in fünf Teilen. Heute Teil I: Schalke, die Gründung des Fanclubs und die erste Saison.

emspower.de: Olli, 20 Jahre Emspower Rheine, was fällt dir spontan dazu ein?

Oliver: Das ist schwer in wenigen Worten zu beschreiben. 20 Jahre sind auf jeden Fall eine Wegstrecke, in der unglaublich viel passiert ist, unvergessliche Auswärtsfahrten, gut gefüllte Busse, skurrile Typen und vieles mehr.

emspower.de: Wir haben zurzeit wieder viele junge Leute, die oft mit uns unterwegs sind. Wie müssen die sich die Situation rund um den FC Schalke 04 im Jahr 1991 vorstellen?

Oliver: Schalke war 1988 (zum dritten Mal nach 1981 und 1983) in die 2. Bundesliga abgestiegen und 1989 fast in die Amateur-Oberliga durchgereicht worden. Das Lieblingslied der BVB-Fans lautete „Sonne, Mond und Sterne – Schalke gegen Herne“. Das sagt wohl alles. Zuschauerzahlen unter 10.000 im Parkstadion waren keine Seltenheit. Unter Präsident Günter Eichberg und Trainer Peter Neururer wurde der Verein wieder wach geküsst. Es wurden neue Geldquellen erschlossen. Im Aufstiegsjahr 1990/91 kamen im Schnitt 38.000 Zuschauer ins Parkstadion, eine damals unglaubliche Zahl für die 2. Liga. Und sportlich ging es langsam wieder aufwärts.

emspower.de: Wie verlief die Aufstiegssaison 1990/1991?

Oliver: Schalke dominierte die Spielzeit von Anfang an. Es gab denkwürdige Begegnungen. Ich meine da besonders den 3:1-Sieg mit 10 Mann nach 0:1-Rückstand bei Waldhof Mannheim an einem Mittwochabend. Im alten Stadion am Alsenweg herrschte eine Hexenkesselstimmung, 4.000 Schalker flippten förmlich aus. Überhaupt, wo Schalke auftauchte waren die Stadien ausverkauft, alle wollten Schalke sehen. Nach Jahren des Misserfolgs unterstützten tausende Königsblaue die Mannschaft. Denkwürdig auch das Spiel in Münster. Das alte Preußenstadion platzte mit rund 30.000 Zuschauern aus allen Nähten. Bestimmt 20.000 waren königsblau, sogar die nahe Autobahn wurde zum Parkplatz. Schalke gewann nach Toren von Anderbrügge, Sendscheid und Schlipper mit 3:0 und die Stimmung war bombastisch.

emspower.de: Wie wurde der Aufstieg 1991 gefeiert?

Oliver: Beim letzten Heimspiel gegen Darmstadt 98 war das Parkstadion mit 70.000 Zuschauern erstmals seit vielen Jahren wieder ausverkauft, die Stimmung ausgelassen und voller Vorfreude auf die Bundesliga nach drei teilweise frustrierenden Jahren in der Zweitklassigkeit. Bezeichnenderweise fuhr der allererste Emspower-Bus zu diesem Spiel, der Fanclub, der damals noch keinen Namen hatte, war erst acht Tage zuvor gegründet worden.

emspower.de: Genau, sprechen wir über die Gründung des Fanclubs Emspower. Über die konstituierende Versammlung am 8. Juni 1991 ranken sich ja einige lustige Geschichten.

Oliver: Das kann man wohl sagen. Zur Gründungsversammlung im damaligen „Mühlentörchen“, zu der Martin Sterzenbach, Holger Hemken und Sylvia Kuipers per Zeitungsannonce eingeladen hatten, kamen zunächst rund 60 Leute, der Saal platzte aus allen Nähten…

emspower.de: soll sich aber in Windeseile wieder geleert haben...

Oliver: Das ist wohl wahr und lag daran, dass die Initiatoren weder ein Konzept und noch nicht mal Papier oder Kugelschreiber griffbereit hatten und die ersten 20 Minuten mit einer Diskussion über die Gründung eines Bundesliga-Tipp-Clubs verplempert wurden. Es entwickelte sich eine üble Schreierei, so dass die Versammlung keinen Vergleich mit den chaotischen Jahreshauptversammlungen des FC Schalke 04 jener Zeit zu scheuen brauchte.

emspower.de: Aber irgendwie hat man dann doch noch die Kurve gekriegt.

Oliver: Eh ich mich versah hatte man mir das Mikro in die Hand gedrückt und aus dem Stehgreif leitete ich die Versammlung. Bei den Schalke-Fans aus Rheine war ich kein Unbekannter, da ich seit 1987 bereits einige Busse zu Spielen gechartert hatte. Aus der Zeit ist mir vor allem das DFB-Pokal-Achtelfinale in Bremen im November 1990 in Erinnerung, zu dem ich einen Bus eingesetzt hatte. Eine blau-weiße Invasion auf der A1 Richtung Bremen, 15.000 Schalker im Weserstadion! Diese Truppe im Bus bildete später den ersten harten Kern des Fanclubs.

emspower.de: Die erste Saison in der Bundesliga nach dem Wiederaufstieg war also gleichzeitig die erste Emspower-Saison.

Oliver: Ja, ein besonderes Jahr. 1991/92 war in der Rückschau die erste Saison der „Neuzeit“. PREMIERE ging mit dem Auftaktspiel des S04 gegen den HSV auf Sendung - etwas besonderes, denn damals wurde nur ein Spiel übertragen - und mit Dynamo Dresden und Hansa Rostock spielten die ersten Ost-Vereine in der gesamtdeutschen Bundesliga, die in dieser Saison 20 Mannschaften stark war.

emspower.de: Schalke startete stark, geriet aber in der Rückrunde noch in Abstiegsgefahr.

Oliver: Nach einer starken Hinrunde, in der vor allem zuhause gut gepunktet wurde, stand Schalke zu Weihnachten sogar auf Platz 6, mancher träumte schon von UEFA-Pokal. Der BVB wurde sogar mit 5:2 vom Platz gefegt. Eine Negativserie im Frühjahr 1992 kostete erst alle größeren Ambitionen und dann Aleksandar Ristic den Trainerjob. Ein 2:1-Sieg unter der Woche gegen den VfL Bochum mit Interimstrainer Klaus Fischer brachte die Rettung.

emspower.de: Was waren aus Fanclubsicht die Höhepunkte dieser Saison?

Oliver: Da muss man in erster Linie die legendäre Sonderzugfahrt nach Nürnberg am 14. Dezember 1991 nennen. Die Fahrt mit über 1000 Fans wurde vom damals noch sehr kleinen Dachverband organisiert. Als wir dem Dachverband beitraten, erhielten wir die Nummer 88. Im Kreis Steinfurt gab es damals nur eine Handvoll organisierter Fanclubs. Bei der Ankunft am mittlerweile abgerissenen Bahnhof Dutzendteich empfingen uns die Freunde des FCN - was für eine Stimmung! Auf der Tartanbahn im Frankenstadion gab es ein Fahnencorso der Fanclubs. Die Schalke-Fanclubs hatten Geschenke mitgebracht, dabei liefen uns vor dem Stadion die Bockpfeifer über den Weg. Was daraus geworden ist, ist bekannt. eine enge Fanfreundschaft. Nicht zu vergessen die erste Auswärtsfahrt nach Frankfurt am 2. Spieltag, zu der bestimmt 15.000 Schalker ihre Truppe unterstützten. Überhaupt, Auswärtsfahren war damals noch vergleichsweise einfach und billig. In dieser Saison setzten wir Busse außerdem nach Wattenscheid, Bremen, Duisburg, Düsseldorf, Bochum, Lautern, Hamburg, Dortmund, Gladbach, Leverkusen und Köln ein. Stehplatzkarten gab’s an den Kassen vorm Stadion für’n Appel und n’ Ei. Nur für das Derby bestellte Matthias Diercksen Karten vor.

 

 

<link internal-link internen link im aktuellen>[Fotos: Skurriles Fanclubleben - die Saison 1991/92]

 

 

 

In Teil 2 des Interviews lassen wir die Jahre bis zur ersten Europapokal-Qualifikation seit 1977 in der Saison 1995/96 Revue passieren.


 

So geht es weiter:

  • Teil II – Wir sind wieder da – Schalke und der Fanclub von 1991 bis 1996
  • Teil III – Triumphe und Tränen – Eurofighter und Meister der Herzen
  • Teil IV – Schalke 2001 – vom Parkstadion in die Arena
  • Teil V – Qou vadis, Schalke?