Unser Fanclub feiert in dieser Sommerpause sein 20-jähriges Bestehen. Die Redaktion von emspower.de hat sich zu diesem Anlass mit jemandem unterhalten, der die ganze Geschichte des Fanclubs kennt - weil er ein Kind der ersten Stunde war: Oliver Attermeyer. Es geht um die bewegte Geschichte rund um den Fanclub und den FC Schalke 04, um Triumphe und Tränen, Highlights und dunkle Momente. Ein Interview in fünf Teilen. Heute Teil II: Wir sind wieder da – Schalke und der Fanclub von 1991 bis 1996.
emspower.de: Schalke war bis Mitte der 90er Jahre nur Bundesliga-Mittelmaß und musste einige Jahre im Abstiegskampf bestehen. Trotzdem waren die Zuschauerzahlen damals schon sehr hoch. Das Phänomen Schalke?
Oliver: Zunächst waren alle Schalke-Fans überhaupt froh wieder erstklassig zu sein. Das Management unter Günter Eichberg und Schatzmeister Rüdiger Höffgen ("RH Alurad") hatte einige kluge Entscheidungen getroffen: So wurden z.B. Spiele an Sponsoren verkauft, um Nordkurvenkarten für 2 Mark anbieten zu können. Sitzplatzkarten gab’s schon ab 10 Mark. Dauerkarten waren besonders billig, wenn man Vereinsmitglied wurde, was auch viele Mitglieder genutzt haben. Von 1992 bis 1994 saßen viele Mitglieder des Fanclubs auf der Haupttribüne in Block O für schlappe 300 Mark. Kein Wunder,, dass Schalke mit 47.000 Zuschauern im Durchschnitt der Liga-Krösus war. Der Bundesliga-Schnitt lag übrigens damals bei überschaubaren 24.000, heute bei 41.000 - das verdeutlicht den tollen damaligen Wert auf Schalke.
emspower.de: Emspower Rheine "lebte" damals in der ersten Vereinskneipe, dem „Mühlentörchen“, dem heutigen „Savanna“ an der Tiefen Straße. Warum dort?
Oliver: Das Mühlentörchen lag sehr verkehrsgünstig in der Innenstadt. Das war schon mal ein Vorteil. Aber den Standard, den wir später im Alten Fritz über die Jahre aufgebaut haben, gab’s damals noch nicht: kein eigener Raum, kein gekühltes Bier, gar nichts. Alles war noch sehr provisorisch. Das einzige, was in der Kneipe an einen Schalke-Fanclub erinnerte, war ein kleines schwarzes Brett neben dem Dartautomaten und ein Schalke-Wimpel an der Theke. Hermann und Vroni waren ein Wirteehepaar, das schon weit in den Sechzigern war. Eine Alte-Leute-Kneipe mit derbem Scharm. Aber eben unsere erste Heimat. Nach manchem Heimspiel verließen die Letzten erst am frühen Morgen das Mühlentörchen.
emspower.de: Wie viele Mitglieder hatte der Fanclub in den ersten Jahren - und was für Typen waren in der Aufbauzeit dabei?
Oliver: Die Mitgliederzahl bewegte sich bis 1994 bei rund 40. Schalker gab es zwar genug in Rheine, doch gegen Fanclubs gab es gewisse Berührungsängste. Dazu muss man sagen, dass in den wilden Anfangsjahren einige "Krachlatten" unter uns waren und wir - ich sag mal - nicht den besten Ruf hatten. Obwohl auch damals schon der überwiegende Teil der Stadion-Besucher aus den Schalke-Hochburgen Münsterland, Sauerland und Ostwestfalen kam, sah man gerade im Schalke-Fan den unterpriviligierten Ruhrpott-Proll. Im Fanclub gab es zwei Gruppen: Wer was auf sich hielt, trug Kutte, Schlägermütze und unzählige Schals. Die andere Gruppe trug eher dezentes Hooligan-Outfit. Blue System und Chevignon waren Anfang der 90er beliebte Labels, dazu hatte man maximal einen Schal um den Hals gebunden, der nach hinten über den Rücken fiel.
emspower.de: Sportlich richtig abgegangen ist es erst in der Saison 1995/96 mit der Quali für den UEFA-Cup. Was waren aus deiner Sicht die Highlights der Jahre voher, also bis zur ersten UEFA-Cup-Qualifikation?
Oliver: Toll waren die sieben Busse, die zum Derby gegen den BVB im Februar 1993 auf Schalke fuhren. Ebenso die "Mammut-Tour" nach Dresden im November 1992, übrigens an einem Freitag. Die A4 Richtung Osten war kurz nach der Wende eine nicht enden wollende Baustelle. Trotz früher Abfahrt um 6 Uhr morgens waren wir erst kurz vor Anpfiff in Dresden. In Erinnerung bleibt das Pokal-Viertelfinale 1995 in Gladbach, damals eine Besonderheit, da der S04 in schöner Regelmäßigkeit selten die 2. Runde überstand. Wir haderten mit dem Fußballgott und Schiedsrichter Wiesel, der Schalke nach Strich und Faden verpfiff. Der Traum vom Finale in Berlin sollte sich erst Jahre später fast schon routinemäßig erfüllen. Und da wäre noch ein spektakuläres 2:2 im Oktober 1994 in Leverkusen. In der Nachspielzeit traf Schalke zum Ausgleich, die Vorlage kam von Torwart Jens Lehmann, der in den letzten zehn Minuten(!) mehrfach im Leverkusener Strafraum auftauchte.
emspower.de: Es gab sogar ein Emspower-Magazin und Fußball gespielt wurde im Fanclub auch sehr eifrig.
Oliver: Ja, Schwegmann war damals der erste PC-Freak von Emspower. Zu jedem Heimspiel in der Saison 1994/95 gab er ein Heft heraus. Das Layout und der Farbdruck waren gemessen an den damaligen Möglichkeiten geradezu professionell. Auch die eigene Fußballelf prägte die ersten Emspower-Jahre. Pro Saison wurden reichlich Fanclubturniere in nah und fern gespielt. Von Ostfriesland (Bayern-Fanclub) bis zum Sauerland. Außerdem haben wir in den ersten Jahren drei eigene Hallenturniere ausgetragen, stets in der Mesumer Sporthalle.
emspower.de: War Emspower wenigstens dabei erfolgreich?
Oliver: Wir waren ja alle noch ein paar Jährchen jünger... Im Ernst, wir waren ganz gut und haben manche Pokale gewonnen. Handyman zog meist als großer Stratege im Mittelfeld die Fäden und vorne hab ich die Dinger dann reingekloppt. (grinst)
emspower.de: Im Sommer 1995 musste sich Emspower zum ersten Male ein neues Domizil suchen und landete im Alten Fritz. Wie kam es dazu?
Oliver: Relativ kurzfristig informierten uns Hermann und Vroni, dass sie in ein paar Wochen in Rente gingen und das Mühlentörchen schließen würden. Sylvia Kuipers, damals Kassiererin im Vorstand, wohnte in der Nachbarschaft des Fritz’ und fragte leise an, ob man uns nehmen würde. Durchaus skeptisch wurden wir beäugt. Dass daraus 16 Jahre werden sollten konnte damals niemand ahnen.
emspower.de: Der Blaue Salon kam aber erst später ins Spiel...
Oliver: Der heutige Blaue Salon wurde damals von einem Dartclub genutzt. Im heutigen Dartraum hielten wir bis Herbst 1996 unsere Fanclubabende ab. Dann zog der Dartclub aber aus. Wir bekamen den Raum und bauten ihn mit viel Liebe zum Blauen Salon um. Am 17. November 1996 haben wir ihn feierlich eingeweiht. Dass wir gerade in diesen Wochen, wo wir unser 20jähriges feiern, unseren geliebten Blauen Salon räumen müssen, ist echt tragisch.
Nach dieser Zeit kamen die fetten Schalke-Jahre. Die Mannschaft beeindruckte halb Europa - und natürlich auch viele Fans in Rheine und Umgebung. Der Fanclub profitierte davon. Immer mehr Leute kamen zu uns, auch, um an die raren Karten für die UEFA-Cup-Spiele zu kommen. Wir wuchsen und veränderten uns. Mehr dazu im dritten Teil des Interviews - demnächst hier.