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Gedanken über die Krise und was sie mit uns Fans macht

Adam Niescioruk / unsplash.com

Das Coronavirus hat uns alle voll erwischt. Was aber macht sie mit uns als Fußball-Fans? Emspower-Vorstandsmitglied Michael Mülder hat sich Gedanken gemacht über das, was war und wie es wird.

Spiele ohne Fans - welch gruselige Vorstellung. Anfang März kommen erstmals Diskussionen auf, ob Spiele noch mit Fans stattfinden können, stattfinden dürfen. Am 8. März finden die vorerst letzten Bundesliga-Spiele im gewohnten Ambiente statt.

An einem Freitag, dem 13., einen Tag, bevor wir mit dem Bus zum Derby fahren wollen, wird die Saison unterbrochen. Sofort. Schulen werden geschlossen, Kinos, Geschäfte, Restaurants. Es folgt der Lockdown, der das Land lahmlegt. Doch im Hintergrund macht sich die Deutsche Fußball Liga [DFL] an die Arbeit und beginnt, Konzepte zu entwickeln, die eine Fortsetzung mit Geisterspielen ohne Stadionpublikum ermöglichen.

Anfang April wird öffentlich, dass 13 von 36 Profiklubs noch in diesem Jahr von der Insolvenz bedroht sind, wenn der Spielbetrieb nicht wiederaufgenommen werden kann, weil einkalkulierte Zahlungen aus den Fernsehverträgen ausbleiben. Schnell wird klar, dass auch unser FC Schalke 04 zu den insolvenzbedrohten Vereinen gehört.


Zurecht kommt es zu einer gesellschaftlichen Debatte über Moral und ihren Verfall im Profifußball, über Gigantismus und Protzgehabe. Wie kann es sein, dass Klubs, die unfassbar viel Geld einnehmen, dieses aber offensichtlich für Transfers, Gehälter und Berater-Honorare in astronomischen Summen wieder verprassen, in kürzester Zeit die Pleite droht? Wieso werden Klubmitarbeiter in Kurzarbeit oder sogar in die Arbeitslosigkeit geschickt, während Bundesligaprofis, die im Schnitt 239.000 Euro im Monat verdienen und für deren durchschnittliches Jahresgehalt von 2,86 Millionen Euro Normalverbraucher 77 Jahre lang arbeiten müssten, lediglich auf 10 bis 20 Prozent ihres Gehalts verzichten? Zur Veranschaulichung: Zehn Prozent von im Schnitt 239.000 Euro brutto im Monat machen vom monatlichen Nettogehalt etwas mehr als 13.000 Euro aus.


Die DFL präsentiert am 23. April ein von einer Taskforce entwickeltes Sicherheits- und Hygienekonzept, in dem bis ins kleinste Detail aufgezeigt wird, was die Spieler dürfen und was nicht, wer sich wann und wo im oder am Stadion aufzuhalten hat und wer wie oft auf Corona getestet wird. Am 6. Mai genehmigen Bund und Länder die DFL-Pläne für einen Neustart, bevor am 16. Mai der Ball tatsächlich wieder rollt. Die Fans fehlen, die Atmosphäre im Stadion ist merkwürdig, aber die Saison kann tatsächlich bis Ende Juni wie geplant beendet werden.

Viele Fragen bleiben: Wie soll es weitergehen? Der Profifußball braucht eine Debatte über eine Neuausrichtung. Ist es noch zeitgemäß, 100 Millionen Euro für eine Ablöse zu zahlen und Spieler mit 10 Millionen oder mehr im Jahr zu entlohnen? Seit dem Bosman-Urteil vom 15. Dezember 1995 haben sich die Gehälter der Spieler mehr als verzehnfacht, selbst Vorstände und Sportdirektoren in der Bundesliga kassieren Gehälter im Millionenbereich, Faktor 14+ gilt im Vergleich seit 1995 für die Transferausgaben, einschließlich millionenschwerer Provisionen für Berater [2019: 204,5 Millionen!].

Wie geht es für uns Fans weiter? Wann dürfen wir wieder alle ins Stadion? COVID-19 ist noch nicht verschwunden und diktiert unberechenbar die Handlungsspielräume.

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im <link internal-link internal link in current>Sommer-Rundbrief des Vorstands an die Mitglieder im August 2020.