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Mieser Start, famoses Ende: So war 2019 auf Schalke

Von unserem Webmaster Tobias Weckenbrock (erschienen auch im <link https: schalkeweb.wordpress.com mieser-start-famoses-ende-so-war-2019-auf-schalke external-link-new-window external link in new>Schalkeweb-Blog)

So mies die erste Hälfte des Jahres 2019 lief, so überraschend gut lief die zweite Hälfte. Zum Jahreswechsel, zum Wechsel des Jahrzehnts sogar, können wir am Ende richtig zufrieden sein.

Alexander Nübel verlässt im nächsten Sommer den FC Schalke 04. Das war die letzte größere Nachricht neben der, dass der Österreicher Gregoritsch vom FC Augsburg für ein halbes Jahr zum FC Schalke 04 wechselt und unseren Angriff bis zum Sommer verstärken soll. Zwei Hammer-Nachrichten? So wollte es uns manches Medienportal vermitteln. Es sind aber nur zwei kleine Aufreger zum Ende einer positiv aufregenden Hinrunde der Saison 2019/2020.

Theoretisch müssen wir im Januar 2019 anfangen, wenn wir das Jahr 2019 betrachten wollen. Das lassen wir aber mal. Denn über die vergangene Saison haben wir inzwischen genug gesagt und geschrieben. Besser ist es, sie einfach zu vergessen. oder besser gesagt: aus ihr die richtigen Schlüsse zu ziehen und die entscheidenden Dinge in dieser Saison anders zu machen.

Insofern ist vergessen vielleicht doch falsch: Wir sollten bei dem, was wir zur Zeit beim FC Schalke 04 sehen, immer im Blick haben, wie es noch vor ein paar Monaten war. Wenn man das vergleicht, dann sind die Fortschritte gigantisch.

Wir haben inzwischen ein Management, das personell so gut aufgestellt ist, wie es einem Profi-Club zum Ende dieses Jahrzehnts angemessen ist. Die Arbeit auf mehrere Schultern verteilt, als Kopf ein Mann wie Jochen Schneider, der sowohl kompromisslos wirkt, wenn es darauf ankommt, als auch wie jemand, der Schalke 04 versteht. Der unseren Club versteht als einen besonderen. Wir sind sicher nicht der einzige besondere Club in Deutschland, aber doch speziell in der Zusammensetzung, in der Tradition, im Umfeld…

Christian Heidel war in der Vergangenheit an den entscheidenden Stellen ziemlich alleine unterwegs. Diese Allmacht, verbunden mit einem Verzetteln in den Aufgaben, ist Heidel am Ende auch zum Verhängnis geworden. Unser Club hat daraus die richtigen Schlüsse gezogen und sich viel breiter aufgestellt. Es wäre verwegen, den jetzigen sportlichen Erfolg, nämlich ein Re-Etablieren in der Spitzengruppe der Fußball-Bundesliga, schon mit dieser Entwicklung zu verknüpfen. Aber ganz sicher spielt das auch eine Rolle.

Eine viel größere Rolle, warum Schalke 04 wieder richtig Spaß macht, spielt allerdings, dass erkannt wurde: mit destruktivem Fußball, nur auf die Defensive bedacht, kann man zwar Punkte sammeln und Vizemeister werden, aber damit zu begeistern, wird am Ende schwer. Wir haben in diesem zweiten Halbjahr 2019 endlich mal wieder Fußball gesehen, für den es sich lohnt und für den es Spaß macht, in die Arena zu fahren. Oder sogar Auswärts-Reisen anzutreten, bei denen wir im speziellen in dieser Halbserie extrem erfolgreich waren.

Dieser prompte Erfolg liegt sicherlich auch daran, dass wir in David Wagner einen neuen Trainer installiert haben, der von Anfang an funktionierte. Das war nicht unbedingt vorherzusehen., denn seine Bundesliga-Erfahrung war bis auf ein paar Spiele als Profi sehr begrenzt. Und U23 bei Borussia Dortmund zu trainieren, verlangt sicherlich auch viel Fachwissen von einem Trainer, aber ob man dort die Qualifikation für die absolute Spitzenklasse nachweisen kann, sei mal dahingestellt.

Und dieser Chef-Trainer, dieser David Wagner, passt – zur Zeit zumindest – wie Faust aufs Auge bei unserem Club. Nicht nur, dass er die Sprache der Fans und offensichtlich auch der Spieler spricht, und sich nach allen Verlautbarungen von Insidern in dieser Hinsicht sehr von seinem Vorgänger Domenico Tedesco unterscheidet. Er predigt den Fußball, den man sich gern ansieht.

Und da sind wir eigentlich beim Kern des Erfolgs: Schalke ist taktisch komplett anders ausgerichtet, als noch in der Zeit unter Domenico Tedesco. Wir pressen extrem hoch, so hoch und so aggressiv, wie man das auf Schalke noch nie gesehen hat. Wenn ich die Rakete Benito Raman an vorderster Front die Abwehr und den Torwart des Gegners anlaufen sehe, geht mir das Herz auf. So wird der Gegner so früh unter Druck gesetzt, dass es schon in dessen eigener Hälfte sehr häufig zu Ballgewinnen für unsere Mannschaft kommt.

Da ist die Zaubermaus Amine Harit, von dem wir uns alle genau das erhofft hatten, was er in dieser Halb-Serie zu leisten im Stande war. Er gehört zu den attraktivsten, effektivsten und spielfreudigsten Spielern der gesamten Bundesliga. Und das war sogar abzusehen, als der FC Schalke 04 ihn zu seinem Neuzugängen zählte. Doch dann kam dieses miese Spiel ja dazwischen, in dem Armin Harit aus verschiedensten Gründen auch noch Probleme hatte, sich auf das Wesentliche, nämlich das Arbeiten im Fußball spielen zu konzentrieren. All das hat er in dieser Saison abgelegt, auch, weil David Wagner ihm das volle Vertrauen und die volle Unterstützung zugesagt hat. Es ist traumhaft, dass Mitte Dezember der Verein aus dem Nichts die Vertragsverlängerung mit diesen Mittelfeldspieler verkünden konnte.

Beeindruckend ist, in welcher Form uns Ozan Kabak in der Innenverteidigung bei allem Verletzungspech, das sich im Laufe der Hinserie dann doch beträchtlich summierte, weiterhilft. Es ist der Königstransfer des vergangenen Sommers und ganz sicher ein Verdienst unserer Vereinsführung. In dieser Form gehört er zu den besten Innen-Verteidigern seines Jahrgangs in ganz Europa. Es ist schon abzusehen, dass Kabak der deutlich bessere Thilo Kehrer ist.

Dazu ist nahezu unglaublich, was David Wagner und sein Trainer-Team aus Arbeitsbiene Omar Mascarell herausgeholt haben. Die Verpflichtung des ehemaligen Frankfurters konnte der in seiner ersten Saison auf Schalke zu keiner Zeit rechtfertigen. Vielleicht brauchte es dieses eine Jahr Anlauf, vielleicht war es aber auch der allgemein nicht vorhandene Lauf im gesamten Team im vergangenen Spieljahr. Jetzt jedenfalls ist Omar Mascarell einer, der die anderen Mitspieler mitreißt und in fast allen Spielen bisher zu den Besten des FC Schalke 04 zählte.

Und dann ist da Suat Serdar: auch so ein junger Profi, verpflichtet vom FSV Mainz 05, der in der vergangenen Saison all das, für was man ihn verpflichtet hatte, nicht erweisen konnte. Er war nicht torgefährlich, er war keine besonders große Absicherung, er war überhaupt keine Verstärkung für unseren Kader. Ganz anders in dieser Halbserie: Suat Serdar hat zusammen mit Amin Harit die meisten Scorer-Punkte auf Schalke gesammelt.

Ohne seine Torgefahr würde noch mehr ins Auge fallen, dass uns in der vordersten Offensivreihe ein bisschen mehr Torgefahr gut tun würde. Zusammen mit Harit hat Serdar das mit seinen Toren bei weitem aufgefangen. Zudem ist er ein Kampftier: Wie er in Unterzahl in den letzten Spielminuten gegen Eintracht Frankfurt bei sieben(!) Minuten Nachspielzeit das letzte aus sich heraus holte und die Frankfurter Gegenspieler immer noch anpresste, war unfassbar zu sehen. Er geht voran und hat das Potenzial, für uns sogar der bessere Leon Goretzka zu werden.

Man könnte noch mehr formulieren, man könnte noch Jonjoe Kenny loben oder die Ansätze, die Juan Miranda zuletzt gezeigt hat. Man könnte Bastian Oczipka für seine Vielseitigkeit hervorheben, könnte Daniel Caligiuri für sein erneutes Abrufen einer soliden Qualität loben; und Salif Sané und Benjamin Stambouli waren bis zu ihrer Verletzung auch absolute Leistungsträger im Team.

All das kann man aber vielleicht auch unter einem Punkt subsumieren: In dieser Saison läuft es halt. Die Ergebnisse stimmen. Dabei werden die Punkte verdient eingesammelt. Und manchmal kommt für uns auch ein bisschen das Glück dazu. Das unterscheidet den Saisonstart in diesem Jahr von dem im vergangenen Jahr, das mit fünf Niederlagen zum Saisonstart begann. Auch wenn man vieles mit jenem „Lauf“ abhaken könnte: Es ist kein Grund, sich nicht über diese Bundesliga-Hinrunde zu freuen.

Bleibt am Ende die Frage, wie es nach dem Jahreswechsel weitergeht. Die Mannschaft scheint gefestigt. Der Trainer scheint an seinem Prinzip festhalten zu wollen. Obwohl es läuft, verpflichtet der Vorstand noch flott einen Offensiv-Mann vom FC Augsburg. Unsere Defensivformation wird ganz sicher nicht noch so eine Verletzten-Misere erleben wie im Herbst.

Sicherlich wird es neue Ungerechtigkeiten geben, über die wir uns dann beschweren. Aber wenn unterm Strich steht, dass die Mannschaft versucht, einen intensiven, einen kämpferischen, einen mutigen Fußball zu präsentieren, dann wird es ihr die Mehrheit der Anhänger nicht krumm nehmen, wenn am Ende die Punkte nicht alle bei uns landen.

Dafür sind wir eben der FC Schalke 04: Der ist mit Sicherheit ein bisschen anders als so manch anderer Club der Bundesliga. Frohes neues Jahr!