Unser Finanzvorstand Michael Mülder hat sich in der Sommerpause Gedanken gemacht. Er zeichnet das Bild einer Achterbahnfahrt und schürt Vorfreude auf die neue Saison. Sein Vorwort aus dem Sommer-Rundbrief, der an alle Mitglieder ging, liest du hier.
Überall ist die neue Begeisterung rund um den FC Schalke 04 zu spüren. Die Mitgliederzahlen steigen, der Dauerkartenverkauf wurde bei mehr als 40.000 Saisontickets inzwischen gestoppt.
Als Schalker kann man den Start der neuen Bundesliga-Saison, beflügelt durch die Veröffentlichung des Spielplans und die zeitgenauen Ansetzungen der ersten sieben Spieltage inklusive des Derbys, beflügelt durch Transfer-News und den Start des Trainingslagers, kaum erwarten. Obwohl die Zeit der großen Träume und Ambitionen beim einstigen Europapokal-Dauergast erst einmal vorbei zu sein scheint, denn Schalke 04 ist hochverschuldet, muss kleine Brötchen backen.
Aber der neue realistisch-pragmatische Kurs der Vereinsführung und der sportlichen Leitung ist erkennbar bei den meisten von uns angekommen. Wir werden eine konkurrenzfähige Mannschaft zusammenbekommen. Allerdings kann das Ziel in den kommenden zwei Jahren nur Ligaverbleib lauten, ohne gleich wie die "Sport Bild" von einer
umhergehenden Absturz-Angst nach dem Aufstiegs-Aufbruch zu unken.
Emspower feiert Jubiläum: Die große Party in Bildern
Weil wir zu den Vereinen gehören, die nicht nur auf Ablösesummen, sondern auch auf Gehaltseinsparungen mehr oder minder existenziell angewiesen sind und weil wir gegen den Abstieg spielen werden, werden wir merken, ob es eine nachhaltige Veränderung auf Schalke gegeben hat, wenn die Stürme königsblauer Emotionen an den neuen Strukturen und den Menschen, die sie aufgebaut haben, rütteln werden.
Nach 1982 und 1991, dem Emspower-Gründungsjahr, kehrt Schalke zum dritten Mal als Zweitligameister zurück in die Beletage, nachdem die Schalke-Welt vor einem Jahr vollkommen aus den Fugen geraten war. Schalke war nicht nur einfach aus der Bundesliga abgestiegen, sondern stand vor dem finanziellen und emotionalen Bankrott am Abgrund nach einem dramatischen Sturz ins Nichts: sang- und klangloser Abstieg, Finanzkollaps, Personalchaos auf fast allen Ebenen und die absolut reale große Angst vor dem sportlichen Absturz in die 3. Liga.
Der Umbruch nach dem Abstieg ist riesig. Nur fünf Spieler bleiben nach einem irrwitzigen Sturzflug ins Bodenlose übrig. Es gibt ein komplett neues Team, aber gleich mit mehreren Spielern landen die Schalker absolute Volltreffer. Allen voran natürlich mit Rekordtorjäger Simon Terodde, der nicht nur sportlich die beste Saison seines Lebens spielt, die magische 30-Tore-Marke durchbricht und zum vierten Mal Torschützenkönig in der 2.Liga wird, sondern eine Mannschaft, die sich komplett um ihn schart, geradezu zum Aufstieg peitscht.
Schalke und der FCN: Bewegende Worte
Nach einem holprigen Saisonstart mit nur 4 Punkten aus 4 Spielen und drohendem Abstiegskampf in der Liga berappeln sich die Königsblauen rasch. Zwar gibt es immer wieder, insbesondere in der Hinrunde und zu Beginn dieses Jahres Rückschläge in Heimspielen, am Ende aber herrscht Glückseligkeit in der Stadt der tausend Feuer. Im Saisonschlussspurt schafft Schalke den Sprung von Platz 6, den der S04 am 25. Spieltag mit sechs Zählern Rückstand auf den Relegationsplatz einnimmt, auf Platz 1, beginnt zu fliegen mit acht Siegen aus den letzten neun Spielen unter Vereinslegende Mike Büskens als Interimscheftrainer, der Anfang März das Amt von Dimitrios Grammozis übernimmt.
Sportvorstand Peter Knäbel und vor allem Sportdirektor Rouven Schröder, den besonnenen Baumeistern der Mannschaft, ist ein Meisterwerk gelungen. Sie schaffen es, mit sehr geringen finanziellen Mitteln und einem hohen Maß an Kreativität (etliche komplexe Leihverträge) ein Team aus dem Boden zu stampfen, das im Laufe der Saison den epochalen Willen zum Aufstieg entwickelt.
Die Party nach dem Aufstiegsspektakel – 3:2 nach 0:2-Pausenrückstand gegen den FC St.Pauli in einem Schalke-typischen Drama – hat es eindrucksvoll unter Beweis gestellt: Auf Schalke, wo Spieler ein Jahr zuvor noch über den Arenaring gejagt worden waren, hat ein Neuanfang, eine Wiedervereinigung, stattgefunden.
Wir Schalker haben unseren Stolz zurück, haben zu uns selbst zurückgefunden und tragen unser Wappen wieder mit breiter Brust. Wir können wieder lachen, singen oder einfach selig vor uns hinstrahlen. Wir haben unser Team wieder ins Herz geschlossen. Unser Klub gibt endlich wieder ein würdevolles Gesamtbild ab. Der ganze Verein ist zusammengerückt. Es ist ein Gefühl von Gemeinschaft entstanden, das in den letzten Jahren komplett unter die Räder gekommen ist.
Den verantwortlichen Personen rund um Sportvorstand Peter Knäbel, Finanzchefin Christina Rühl-Hamers und Vorstandsboss Bernd Schröder ist es gelungen, Vertrauen zurückzugewinnen, weil sie hauptsächlich in den vielschichtigen Punkten Kaderplanung und Kommunikation klug agieren. Die klare Haltung bei der Trennung von Gazprom ist das Paradebeispiel.
Alle Mitglieder-Rundbriefe im großen Archiv
Hinter den Kulissen ist nichts mehr, wie es mal war auf Schalke, wo so vieles anders ist. Interna dringen nicht mehr nach außen. Normalerweise interessiert man sich als Fußballfan nicht so sehr, wie Gremien und Ausschüsse besetzt sind, aber auf Schalke, traditionell immer von starken Männern wie Rudi Assauer oder Clemens Tönnies geführt, zeigt sich, wie wichtig das sein kann. Größte Stärke, zugleich aber auch größte Schwäche von Schalke 04 sind die Emotionen, die Leidenschaft und das Gemeinschaftsgefühl.
Emotionalität und professionelles Management aber müssen getrennt werden mit einem klaren, aber paradox klingenden Auftrag: Stärkung königsblauer Gefühle durch kühle Professionalität. Schalke muss ein normales Unternehmen werden, außer in den 90 Minuten, in denen Schalke seine Anhänger zusammenführen, mitreißen
und begeistern muss, um Hoffnung auf und neben dem Platz zu stiften.
Sicher ist: Wenn Schalke auf diesem Weg bleibt, wird Schalke nicht zu verhindern sein!